GOZ 2197 neben GOZ 2060 ff., eine „never ending story“? 

Hier eine Alternative!

Sie werden denken, nein, nicht schon wieder die GOZ 2197, aber ich komme nicht umhin, mich diesem Thema anzuschließen. 

Die adhäsive Befestigung hat uns die letzten Jahre doch ziemlich genervt. Und vermutlich geht das 2021 genauso weiter. Es bleibt beim restriktiven Vorgehen der Versicherungen, die sich mit Killerphrasen um die Erstattung drücken.

Aber leider überwiegen mittlerweile die negativen Urteile, (zu Letzt das AG Düsseldorf vom 23.10.2020 zur Sammelklage). Daher liegt die Überlegung nahe, eventuell eine alternative Berechnungsmöglichkeit zu wählen. Diese wäre ein Ausweichen über eine Vereinbarung der Gebührenhöhe nach §2 Abs. 1, 2 GOZ.

Welcher Faktor führt zu einem ausreichenden Honorar?

Die nachfolgende Tabelle zeigt auf, welcher Faktor bei Verzicht auf die Berechnung der GOZ 2197 angesetzt werden müsste:
 

 
Gebühren-
Nr.
Faktor 3,5
inkl. GOZ 2197
(2,3)
Faktor 3,5
inkl. GOZ 2197 (3,5)

Gegenüberstellung als Alternative
§ 2 Abs. 1, 2 GOZ

Beispiel 2,3 Beispiel 3,5
GOZ 2060 120,56 € 129,33 € Faktor 4,06
120,34 €
Faktor 4,36

129,23 €

GOZ 2080 126,27 € 135,04 € Faktor 4,03

126,02 €

Faktor 4,32

135,08 €

GOZ 2100 143,20€ 151,97 € Faktor 3,96

142,95 €

Faktor 4,20

151,66 €

GOZ 2120 168,39 € 177,16 € Faktor 3,88

168,04 €

Faktor 4,09

177,14 €

In der Gebührenordnung GOZ 2012 ist ausdrücklich der Steigerungsfaktor als eine Kalkulationsgröße zur Kostendeckung der Praxen und für eine individuelle Behandlung flexibel offengelassen.

Eveline Glowka

Eveline Glowka

Geschäftsführerin

Sie ist Mitbegründerin und eine von drei Geschäftsführern der ZAB Abrechnungsgesellschaft mbH in Konstanz. Seit 1997 leitet sie die Abrechnungs- und Regulierungsabteilung. Mit ihrem Fachkräfteteam hat sie in dieser Zeit mehr als 60.000 gebühren-technische Stellungnahmen
zu Regulierungsfällen mit den Kostenträgern erstellt.

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Der Vorteil der Alternativberechnung über § 2 Abs. 1, 2 GOZ bietet Rechtssicherheit und wiegt die Patienten nicht in Hoffnung auf eine Erstattung. Leider wird die Möglichkeit zur Anwendung nach wie vor zu wenig genutzt – oft ist es die Scheu vor einer aufwendigen Beratung mit dem Patienten oder die Hürde zu überwinden auch mal über den Faktor 3,5 zu berechnen.
Hier bedarf es natürlich einer Aufklärung, die dabei doch so einfach sein kann. Erläutern Sie beispielsweise Ihren Patienten den Aufwand bei der Verarbeitung des Komposits. Splitten Sie den Gesamtbetrag und zeigen Sie Ihren Patienten den 3,5fachen Gebührensatz übersteigenden Betrag auf. Ihr Patient weiß, nach Aufklärung, dass er womöglich die Differenz aus eigener Tasche bezahlen muss. Sie ersparen sich bzw. Ihrer Verrechnungsstelle aufwendige und mehrfache Stellungnahmen die letztendlich zu keiner Nacherstattung führen und bei Ihren Patienten den Eindruck hinterlassen, sie hätten unzulässig abgerechnet.

Was spricht sonst noch für die Anwendung der Alternative!

Seit knapp zehn Jahren führt die unklare Definition in der GOZ 2012 zu unterschiedlicher Rechtsprechung. Nachfolgende Urteile spiegeln dies zur Anwendung der GOZ 2197 neben 2060ff. wieder.
 Berechnung möglich: Berechnung nicht möglich:
AG Bonn
Urteil vom 28.07.2014, Az. 116 C 148/13
-rechtskräftig-
AG Celle
Urteil vom 11.11.2014, Az. 13 C 1449/135.2
-rechtskräftig-
AG Düsseldorf
Urteil vom 21.01.2016, Az. 27 C 3179/14
-rechtskräftig-
VG Stuttgart
Urteil vom 18.11.2014, Az. 13 K 757/13
-rechtskräftig-
AG Düsseldorf
Urteil vom 01.07.2016, Az. 25 C 2953/14
-rechtskräftig-
AG Stuttgart
Urteil vom 28.06.2016, Az. 9 C 1059/16
-rechtskräftig-
AG Siegburg
Urteil vom 24.07.2017, Az. 116 C 29/15
-rechtskräftig-
AG Köln
Urteil vom 26.11.2018, Az. 142 C 328/15
-Rechtskraft unbekannt-
AG Wittlich
Urteil vom 20.12.2017, Az. 4b C 507/16
-Rechtskraft unbekannt-
AG Charlottenburg
Urteil vom 08.05.2017
-rechtskräftig-
AG Siegburg
Urteil vom 19.12.2017, Az. 124 C 323/14
-Rechtskraft unbekannt-
LG Hildesheim
Urteil vom 24.07.2014
-rechtskräftig-
  AG Düsseldorf – Sammelklage
Urteil vom 23.10.2020, Az. 231 C 232/15
-rechtskräftig-

Sollte man sich weiterhin an den positiven Urteilen orientieren wollen, so gilt nachfolgendes zu berücksichtigen, um die GOZ 2197 in Ansatz zu bringen:

Es  ist wichtig zu wissen, wie der verarbeitete Kunststoff angewandt wird. Nicht alle Kunststoffe werden adhäsiv befestigt. Die Voraussetzung zur Berechnung der GOZ 2197 besteht darin, eine chemische Verbindung zum Zahn aufzubauen. Dies erfolgt durch das Auftragen eines Primers und eines Haftvermittlers. Hierbei wird die Oberfläche des Zahnes so verändert, dass zusätzlich zu der mechanisch-physikalischen Technik eine chemische Verbindung des Füllmaterials mit dem Zahn erfolgt.

Leistungsinhalt der GOZ 2197

Konditionieren (Ätzen= etching):

Ist das Ätzen der Oberfläche von Schmelz und gegebenenfalls Dentin mit Säure (Phosphorsäure mit Farbzusatz als Gel oder Lösung). Hierdurch wird die Oberfläche für den späteren Halt der Füllung demineralisiert. 

Priming (nur im Dentin erforderlich):

Ist eine chemische Vorbereitung der Dentinoberfläche mit einem speziellen Kunststoff, dem so genannten Primer. Der Primer ist erforderlich, um die wasseranziehende Dentinoberfläche für den wasserabstossenden Füllungskunststoff benetzbar zu machen.

Bonding (Auftragen eines Adhäsivs):

Ist ein Bindemittel zwischen der angeätzten (aufgerauten) Zahnhartsubstanz und dem Komposit. Das Adhäsiv ist ein dünnfließender Kunststoff, der auch kleine Rauigkeiten ausfüllen kann und sich chemisch mit dem Füllungskunststoff verbindet. Im Dentinbereich verbindet sich das Adhäsiv mit dem Primer und bildet zusammen mit der Dentinoberfläche die so genannte Hybridschicht. Dentinadhäsive können in vielen Fällen eine Unterfüllung überflüssig machen, da sie die Dentinoberfläche versiegeln

Bei diesen Kunststoffen ist die GOZ 2197 „berechnungsfähig“:

Etch & Rinse (mit Phosphorsäure-Ätzung)

Vor der Applikation eines Etch & Rinse-Systems ist es notwendig, die Kavität mit Phosphorsäure zu konditionieren. Dabei wird die Säure auf die Zahnoberfläche aufgetragen (Etch) und nach einer gewissen Einwirkzeit abgespült (Rinse). Auf die so konditionierte Zahnoberfläche wird das Adhäsivsystem aufgetragen, das aus einer (Ein-Flaschen-Etch & Rinse-System) oder mehreren Komponenten (Mehr-Flaschen-Etch & Rinse-System) bestehen kann. Ganz wesentlich ist hier die Vorbehandlung des Dentins mit Konditionieren und Primen, was für eine bessere Haftung sorgt.

Self-Etch Adhäsive (selbstätzende Systeme, also ohne Phosphorsäure-Ätzung)

Hier ist eine separate Ätzung nicht zwingend erforderlich. Die Konditionierung geschieht mithilfe von sauren Monomer-Lösungen, die bereits im Adhäsivsystem enthalten sind. Es wird jedoch empfohlen, auch hier, vor dem Auftragen eines selbstätzenden Adhäsivs die Schmelzanteile der Kavität mit Phosphorsäure zu konditionieren. Diese Vorgehensweise trägt zu einer Verbesserung des Haftverbundes zum Schmelz bei. Bei den selbstätzenden Adhäsivsystemen können Primer und Adhäsiv getrennt (selbstätzende Adhäsive mit Zwei-Schritt-Applikation) oder als Gemisch vorliegen (All-in-one-Adhäsive= 1 Komponenten Schritt).

Bei diesen Kunststoffen ist die GOZ 2197 „nicht berechnungsfähig“:

Selbstadhäsive-Komposite

machen den zusätzlichen Einsatz eines Adhäsivsystems überflüssig. Selbstadhäsive werden zunächst in einer dünnen Schicht aktiv eingebürstet, um die Wirkung ihrer funktionellen Monomere mit der Zahnoberfläche zu verstärken. Nach Lichtpolymerisation der dünnen Schicht können weitere Schichten appliziert werden. Diese Komposite können einen sicheren Verbund zwischen Zahnhartsubstanz erzielen ohne Konditionierung und Adhäsivsystem, also ohne GOZ 2197!

Bulk-Fill-Komposite

die in fließfähige und modellierbare Gruppen unterteilt werden. „Bulk-Fill“ bedeutet, dass man eine Kavität in einem Zug, also ohne Schichttechnik, lege artis füllen kann. Bei modellierbaren Kunststoffen kann die gesamte Kavität in einem Zug gefüllt werden.

Diese Füllstoffe kommen ohne gesondertes Konditionieren aus, es erfolgt also eine automatisch ablaufende adhäsive Befestigung ohne separate Vorbehandlung.

Fazit: Eine gute und offene Beratung eröffnet die Alternative nach § 2 Abs. 1, 2 GOZ. Somit sorgen Sie gegenüber Ihren Patienten und Patientinnen für Transparenz und Rechtssicherheit, die der Gesetzgeber bislang vermissen lässt. Sie schützen sich zudem vor einer möglichen Sammelklage!

Alle Angaben wurden mit größter Sorgfalt von der ZAB Abrechnungsgesellschaft mbH erarbeitet und zusammengestellt. Haftung und Gewähr der Inhalte schließt die ZAB aus. Insbesondere bzgl. Aktualität, Richtigkeit, Vollständigkeit und Qualität der Informationen, die sich durch Kommentierungen und Gerichtsurteile ändern können. Haftungsansprüche gegen die ZAB Abrechnungsgesellschaft mbH sind grundsätzlich ausgeschlossen.

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