Rechtsunsicherheit zur „Hygienepauschale“!
Wenn Kostenträger nicht erstatten?

Hygienepauschale: „Wir sehen auf die Patienten neue Erstattungsschwierigkeiten zukommen!“

​Das Beratungsforum für Gebührenordnungsfragen (= die Bundeszahnärztekammer, der Verband der Privaten Krankenversicherung und die Beihilfestellen von Bund und Ländern) hat eine Vergütung für den besonderen Hygieneaufwand in den Praxen durch Beschluss Nr. 34, gültig seit dem 08.04.2020 festgelegt.

 COVID 19 und erhöhte Hygienekosten

34. Zur Abgeltung der aufgrund der COVID-19-Pandemie deutlich erhöhten Kosten für Schutzkleidung etc. kann der Zahnarzt die Geb.-Nr. 3010 GOZ analog zum 2,3-fachen Satz, je Sitzung, zum Ansatz bringen. Auf der Rechnung ist die Geb.-Nr. mit der Erläuterung „3010 analog – erhöhter Hygieneaufwand“ zu versehen. Dem entsprechend kann ein erhöhter Hygieneaufwand dann jedoch nicht zeitgleich ein Kriterium bei der Faktorsteigerung nach § 5 Abs. 2 darstellen.
Dieser Beschluss tritt am 08. April 2020 in Kraft und gilt zunächst befristet bis zum 31. Juli 2020. Er erfasst alle in diesem Zeitraum durchgeführten Behandlungen.

Möglichkeiten der Berechnung für den Hygieneaufwand:

Diese Vergütung erfolgt über eine analoge Berechnung der GOZ 3010 mit 14,23 EUR (= 2,3 fache Faktor) Ausschließlich für Privatpatienten und Kassenpatienten mit einer Zusatzversicherung. Für gesetzlich versicherte Patienten ohne Zusatzversicherung gilt die getroffene Regelung nicht, es sei denn, es werden nur private Leistungen, wie z. B. eine reine PZR Behandlung ohne Kassenzahnärztliche Leistungen, berechnet. Das bedeutet in diesen Fällen, dass keine Leistungen nach Bema anfallen dürfen.
Hinweis: Erfolgt eine solche analoge Berechnung für den erhöhten Hygieneaufwand, kann dieser nicht noch gleichzeitig für eine Faktorsteigerung nach § 5 Abs. 2 herangezogen werden.

Auf unsere Anfrage vom 09.04.2020 erhielten wir taggleich von der Rechtsabteilung der Bundeszahnärztekammer, Arbeitsgemeinschaft der Deutschen Zahnärztekammern e.V. (BZÄK) nachfolgende Antworten:

Frage: Wie soll der Zuschlag bei Kassenpatienten berechnet werden?…

Antwort Teil 1:

„…da sich mit dem Beschluss nur PKV und Beihilfe zu einer Erstattung verpflichten, kommt die Berechnung auch nur in Betracht, wenn eine Erstattung durch einen dieser Träger – etwa durch eine Zusatzversicherung – zu erwarten ist.“

Fazit:

Beschluss 34 hat somit keine Auswirkungen oder Lenkungswirkung auf die Berechnung von GKV Patienten!

Antwort Teil 2:

„Da die Beschlüsse des Beratungsforums nicht bindend sind und damit auch die Patienten nicht binden können, wären Zahlungsansprüche gegen Patienten aus der Geb.-Nr. 3010 GOZ analog rechtlich nicht durchsetzbar. Dies wäre etwa bei Teilerstattungen zu berücksichtigen.“

Eigene Erfahrungswerte der ZAB zu vorangegangenen Beschlüssen des Beratungsforums aus den letzten Jahren bestätigen genau dies. Trotz Beschlussfassung ist eine Erstattung durch private Versicherungsträger oder Beihilfestellen nicht gewährleistet.

Wir sehen daher auf die Patienten neue Erstattungsschwierigkeiten zukommen!

ANMERKUNG.

Die ZAB sieht zudem noch ein grundsätzliches Problem in der Berechnung einer Analogposition gemäß Beschluss 34 für den zusätzlichen Hygieneaufwand, da die Voraussetzungen für die Berechnung gemäß § 6 Abs. 1 GOZ nicht gegeben sind! Des Weiteren deckt der Betrag in Höhe von 14,23 € keineswegs den tatsächlich erhöhten Hygieneaufwand, der unstreitig auch durch das Beratungsforum festgestellt wurde.

Alternative Berechnungsmöglichkeit:

Wir empfehlen zur Infektionsprävention einhergehend mit einem deutlich höheren Hygieneaufwand den Steigerungsfaktor entsprechend einer Gebührenposition zu erhöhen, ggf. auch über eine „Abweichende Vergütungsvereinbarung gemäß § 2 Abs. 1 und 2 GOZ bzw. § 2 Abs. 1 und 2 GOÄ“. Entsprechende Anforderungen sind zu beachten.

Eine mögliche Begründung bei Faktorerhöhung über 2,3 wäre bspw.:

„Aufgrund besonderer Umstände, durch den sehr hohen Hygienevor- und nachbereitungsaufwand zur Infektionsprävention entstand ein überdurchschnittlich hoher Zeitaufwand.“  

Die „Abweichende Vergütungsvereinbarung gemäß § 2 Abs. 1 und 2 GOZ bzw. § 2 Abs. 1 und 2 GOÄ“ schafft an dieser Stelle u. E. die notwendige Rechtssicherheit. Zwar ist dadurch eine Kostenerstattung durch die Versicherungsträger nicht gewährleistet und evtl. bleibt der Patient auf diesen Teil der Kosten sitzen, ist aber darauf vorbereitet. Für den Behandler kann eine individuelle und behandlungsbezogene Abrechnung des tatsächlichen Hygieneaufwands (Hygienevor- und nachbereitungsaufwand) erfolgen.
Eveline Glowka

Eveline Glowka

Geschäftsführerin

Sie ist Mitbegründerin und eine von drei Geschäftsführern der ZAB Abrechnungsgesellschaft mbH in Konstanz. Seit 1997 leitet sie die Abrechnungs- und Regulierungsabteilung. Mit ihrem Fachkräfteteam hat sie in dieser Zeit mehr als 60.000 gebühren-technische Stellungnahmen
zu Regulierungsfällen mit den Kostenträgern erstellt.

4
Online Begründungshilfe

Besser Wissen!

Die Erfahrung aus mehr als 20 Jahren und über 60.000 Versicherungs-korrespondenzen.

Alle Angaben wurden mit größter Sorgfalt von der ZAB Abrechnungsgesellschaft mbH erarbeitet und zusammengestellt. Haftung und Gewähr der Inhalte schließt die ZAB aus. Insbesondere bzgl. Aktualität, Richtigkeit, Vollständigkeit und Qualität der Informationen, die sich durch Kommentierungen und Gerichtsurteile ändern können. Haftungsansprüche gegen die ZAB Abrechnungsgesellschaft mbH sind grundsätzlich ausgeschlossen.

Share This